Alten- und Pflegeheime

Lüftungstechnik
Die Belüftung von Infrastrukturen hat nicht nur einen Einfluss auf die Übertragung von luftgetragenen Krankheitserregern, sondern auch auf die allgemeine Gesundheit der Nutzenden.
Lüftungstechnik
Orientierung
Eine innere und äußere Übersichlichkeit des Gebäudes kann ungewollte Kontakte zu anderen Personen(-gruppen) und zu lange Laufwege durch einfachere Orientierung und Identifikation vermeiden.
Zum Entwurfsprinzip
Erschließung im Außenraum
Erschließungswege im Freien mit natürlicher Belüftung sind innenliegenden Erschließungssystemen ohne mechanische Belüftung vorzuziehen. Dadurch kann das Infektionsrisiko durch die Übertragung von luftgetragenen Erregern verringert werden.
Zum Entwurfsprinzip
Temporäre Flächen
Überdachte und gut zugängliche Außen- oder Innenflächen zum Errichten von temporären Räumen sollten vorgehalten werden. Ausweichflächen können die Trennung von Kohorten erleichtern und ermöglichen flexible Reaktionen auf Ausbruchsituationen.
Zum Entwurfsprinzip
Kohortierbarkeit
Das Gebäude sollte im pandemischen Fall in Kohortenbereiche, Tagespflege, Hauswirtschaft und Verwaltung separiert werden können. Kohortenbereiche bestehen aus allen Zimmern einer Wohngruppe, einem ausreichend großen Aufenthaltsraum und Speiseraum, einem Pflegestützpunkt und ggf. einem Mitarbeitendenpausenraum, Sanitäranlagen, Aufbereitungsraum und Lagerräumen.
Zum Entwurfsprinzip
Dezentrale Erschließung
Eine dezentrale Erschließung verringert im Pandemiefall die Anzahl von Kontakten bzw. die Kontaktzeit zu anderen Personen oder Kohorten.
Zum Entwurfsprinzip
Dezentrale Sanitäranlagen
Nutzerspezifische Sanitäranlagen ermöglichen kurze Laufwege auf den gemeinschaftlich genutzten Bewegungsflächen. Ausreichend hygienisch ausgestattete Sanitäranlagen verringern das Infektionsrisiko und steigern die Compliance mit Händehygienerichtlinien.
Zum Entwurfsprinzip
Betriebshinweis
Am Eingang sollte es Hinweise zu Verhaltensweisen und zur Nutzung von Desinfektionsmittelspendern etc. geben.
Ausstattung
Eine geeignete Ausstattung kann eine leichtere Reinigbarkeit und hygienisches Verhalten fördern.
Zum Entwurfsprinzip
Digitale Ausstattung
Eine geeignete digitale Infrastruktur ermöglicht kontaktreduziertes Arbeiten und Kommunizieren, sodass die Anzahl der Kontaktpersonen und die Infektionsgefahr reduziert werden können.
Zum Entwurfsprinzip
Materialforschung
Bei der Planung von Infrastrukturen sollten Materialien nicht nur nach Ästhetik, Einsatzort und Nutzung gewählt werden, sondern auch nach hygienischen Aspekten.
Materialforschung

Gesundheitsschützendes und soziales Leben im Alter ermöglichen

Alten- und Pflegeheime sind Orte, an denen vor allem Senior*innen so weit wie möglich selbstbestimmt in einer Gemeinschaft miteinander leben und durch die Hilfe von Pflegenden in ihrem alltäglichen Leben unterstützt werden. Die Gesundheit ist ein alltägliches Thema in den Einrichtungen, da viele der Bewohnenden mit chronischen Erkrankungen leben und körperliche oder geistige Einschränkungen haben. Aber auch das Personal muss geschützt werden. Hier wird erläutert, was aus Sicht des baulichen Gesundheitsschutzes möglich ist.

» Die Möglichkeiten jedes Einzelnen, mit den Anforderungen aus der Umgebung gut umgehen zu können, variieren je nach gemachten Erfahrungen und Kompetenzen. Sorgfältige Umgebungsgestaltung kann Über- oder Unterforderung und damit Stress vermeiden helfen und so Gefühlszustände und Verhalten positiv beeinflussen. «
Dr. Ing. Birgit Dietz, Bayerisches Institut für alters- und demenzsensible Architektur
Einflussfaktoren auf das Infektionsrisiko in Alten- und Pflegeheimen

Die Übertragungswahrscheinlichkeit unterschiedlicher Erreger lässt sich durch verschiedene Maßnahmen reduzieren. Das Infektionsrisiko setzt sich dabei aus vielen Faktoren zusammen, die sich gegenseitig beeinflussen können. Manche Maßnahmen zielen auf einzelne oder mehrere dieser Faktoren gleichzeitig ab. Je nach Krankheitserreger ändert sich auch die Relevanz der einzelnen Faktoren. Dies hängt beispielsweise damit zusammen, dass die Infektionswege oder auch die Anfälligkeit bestimmter Personengruppen sich bezüglich der verschiedenen Erreger stark unterscheiden können. Gleichermaßen sind die auf die jeweiligen Faktoren abzielenden Maßnahmen unterschiedlich effektiv für die Infektionsprävention. Daher ist eine absolute Aussage zur Effektivität einer bestimmten Maßnahme nicht möglich. Die folgende Liste umfasst mögliche Einflussfaktoren auf die Übertragung luftgetragener Erreger und solcher, die über Kontakt übertragen werden. Die Liste ist nicht nach Effektivität geordnet.

  • Alter und Grunderkrankung
  • Impfstatus
  • Besucherverkehr
  • Personalmangel
  • Ausbildungsgrad, Kompetenz in Bezug auf Infektionsprävention
  • Impfstatus
  • Räumliche Bedingungen (z. B. Einzelzimmer, Möglichkeiten zur Kohortierung)
  • Belüftungsverhältnisse und Monitoring der Belüftung
  • Existenz einer Hygieneordnung
  • Beauftragte für Hygiene
» Gesundes Bauen ist vor allem für Pflegeheime von großer Bedeutung. Pflegebedürftige verbringen dort ihren Lebensabend, meist geschwächt durch Krankheit und Gebrechlichkeit. Sie können nur noch selten das heim verlassen, umso wichtiger ist ein gesundes Zuhasue. Gesunde Arbeitsverhältnisse sind auch wichtig für unsere Beschäftigte, die besonderen Herausforderungen in der Altenpflege ausgesetzt sind und sich nahezu ausschließlich in Innenräumen aufhalten. «
Prof. Dr. Alexander Schraml, Vorsitzender des Bundesverbandes der kommunalen Senioren- und Behinderteneinrichtungen e. V.
Welche Entwurfsprinzipien zum infektionspräventiven Bauen können im eigenen Alten- und Pflegeheimprojekt umgesetzt werden?
Neben infrastrukturübergreifenden Entwurfsprinzipien der Lüftungstechnik gibt es Entwurfsprinzipien, die im besonderen Maße für Alten- und Pflegeheime relevant sind. Aufgrund der Nutzenden, Mitarbeitenden und einrichtungsspezifischen Faktoren gibt es in den jeweiligen Infrastrukturen differente Anforderungen an das gesundheitsschützende Bauen.

Im Folgenden sind die für Alten- und Pflegeheime relevanten Entwurfsprinzipien aufgeführt, die vor allem für die Prävention luftgetragener Erregerübertragungen wirkungsvoll sind und jeweils eine Liste mit konkreten baulichen, technischen und hygienischen Empfehlungen zur Umsetzung enthalten. Die Empfehlungen – vom baulichen Detail bis zum Grundriss – können für den eigenen Anwendungsfall spezifisch gefiltert werden und sind jeweils mit einem Best-Practice-Beispiel veranschaulicht.
Best-Practice-Beispiele von Alten- und Pflegeheimen
Die folgenden Best-Practice-Beispiele zeigen Umsetzungsmöglichkeiten der Entwurfsprinzipien des baulichen Gesundheitsschutzes. Diese werden textlich, fotografisch und grafisch anhand von Grundrissen erläutert. Sie können als Referenzen und Veranschaulichung für die eigene Planung und Realisierung neuer Projekte genutzt werden.
Blick auf das Alten- und Pflegeheim
Best Practice
Altenpflegeheim in Girona, Pinearq + brullet de luna arquitectes
Für ihren Entwurf des Altenpflegeheims in Salt verteilte das Architekturbüro Pinearq + brullet de luna arquitectes die drei Stationen auf drei beinahe baugleiche Pavillons. Diese Entscheidung half nicht nur bei der Belichtung der einzelnen Bereiche, sondern erleichtert auch eine Kohortierung im Bedarfsfall.
Blick auf das Alten- und Pflegeheim von Dietger Wissounig Architekten
Best Practice
Pflegeheim Erika Horn in Andritz, Graz von Dietger Wissounig Architekten
Im Norden von Graz planten Dietger Wissouning Architekten ein Pflegeheim, bei dem die Wohngemeinschaften und das selbstständige Zusammenleben im Vordergrund stehen. Um einen symbolischen, zentralen Dorfplatz herum wohnen 105 Bewohner*innen in sieben Wohngemeinschaften. Durch Loggien und direkte Bezüge in den Garten und den angrenzenden Park entsteht eine Verflechtung zwischen Innen- und Außenraum. Die überdachten Flächen im Außenraum sowie weitere multifunktionale Flächen im Innen- und Außenraum bieten die Möglichkeit zum Errichten von temporären Räumen.
Ansicht des Alten-und Pflegeheims
Best Practice
Tagespflege und Seniorenwohnheim in Carnaxide, CVDB arquitectos
In einem Vorort von Lissabon entwarfen CVDB Arquitectos ein Alten- und Pflegeheim mit einem innenliegenden Flur, der durch Einschnitte in Boden und Decke zum Austausch über mehrere Geschosse hinweg einlädt. Die großzügig angelegten Bewegungsflächen sind ein Ort der Begegnung und tragen zur Orientierung innerhalb der Infrastruktur bei.
Wolken am Himmel
Quelle: Pixabay/Pexels
Eine Person hält in jeder Hand eine Materialprobe
Quelle: cottonbro studio/Pexels
Arztpraxen
Kindertagesstätten/ Kitas
Schulen
Alten- und Pflegeheime