Warum betrifft der bauliche Gesundheitsschutz alle Infrastrukturen?
Der bauliche Gesundheitsschutz betrifft zunächst die gebaute Umgebung unterschiedlicher Infrastrukturen mit ihren Materialien, Ausstattungsgegenständen und technischen Anlagen sowie deren Einfluss auf das Infektionsrisiko. Innerhalb der gebauten Umgebung stellen jedoch Menschen als infizierte Wirte die primäre Infektionsquelle dar. Gebäude sind Orte für Zusammenkünfte unterschiedlicher Personen(-gruppen) und bedingen somit das Infektionsrisiko. Daher betrifft der bauliche Gesundheitsschutz alle gebauten Versammlungsorte.
Infektionsgeschehen in einer Vielzahl unterschiedlicher Infrastrukturen
Je nach Nutzung, Struktur und Prozess haben Gebäude als Infrastrukturen eine unterschiedlich große Auswirkung auf das lokale Infektionsgeschehen. Gemeinsam haben jedoch alle Infrastrukturen, dass sie ein Ort für Zusammenkünfte von Menschen sind. Für das Gemeinwohl unserer Gesellschaft ist es daher wichtig, Infektionen im Normalbetrieb und Schließungen von Infrastrukturen im Fall eines hohen Infektionsgeschehens wie einer Pandemie vorzubeugen, indem der Infektionsschutz in der Bauplanung beachtet wird.
Abbildung 1 verdeutlicht, dass die Infektionen mit SARS-CoV-2 im Jahr 2020 in sehr unterschiedlichen Infrastrukturen und zu unterschiedlichen Zeitpunkten stattfanden. Im gemeinsamen Forschungsprojekt SAVE der TU Braunschweig, TU Berlin und Charité Universitätsmedizin Berlin wurden Alten- und Pflegeheime, Arztpraxen, Kindertagesstätten und Schulen als kritische Infrastrukturen identifiziert und effektive Strategien zur Kontrolle und zum Umgang mit Ausbreitungswegen von Erregern in diesen Infrastrukturen erarbeitet. Die Infrastrukturen wurden als kritisch identifiziert, da sie Räume für unterschiedliche vulnerable Gruppen bieten und wichtig für die Aufrechterhaltung des alltäglichen Lebens und die soziale Entwicklung sind.
Arztpraxen sollten auch im pandemischen Fall geöffnet bleiben, um die ambulante Gesundheitsversorgung der Gesellschaft dauerhaft zu gewährleisten, und damit sie im Bedarfsfall genutzt werden können, um Impfkampagnen zu unterstützen.
Bildungseinrichtungen sollten während einer Pandemie weiterhin geöffnet sein, da sie für die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft von großer Bedeutung sind und gleichzeitig Eltern sowie Erziehungsberechtigten die Möglichkeit bieten, ihre beruflichen Aktivitäten weiter auszuüben. Zusätzlich sind Alten- und Pflegeheime das Zuhause und der Lebensmittelpunkt einer vulnerablen Personengruppe unserer Gesellschaft, deren Schutz hohe Priorität hat.
Viele lüftungstechnische Empfehlungen und bauliche Entwurfsprinzipien des baulichen Gesundheitsschutzes sind generell auf alle Gebäude übertragbar. Neben den im Forschungsprojekt SAVE betrachteten Infrastrukturen gibt es jedoch weitere Infrastrukturen, die durch infrastrukturspezifische Prozesse und die Nutzung durch spezifische vulnerable Personengruppen besondere Maßnahmen erfordern. Krankenhäuser, Produktionsstätten, Supermärkte, Büros, Verkehrs- oder Verwaltungsbauten sind hierbei von großer Bedeutung. Auch deren betriebliche Aufrechterhaltung sollte während einer Pandemie gewährleistet sein, um Versorgungsengpässen vorzubeugen. Pandemische Situationen können zu erheblichen Engpässen in der Versorgung der Gesellschaft führen, wenn Infrastrukturen nicht mehr weiter genutzt werden können.
Zum gesundheitlichen Schutz und Wohlbefinden aller Menschen innerhalb gebauter Umgebungen sollte daher neben dem Brandschutz und Arbeitsschutz immer der bauliche Gesundheitsschutz in der Planung bedacht werden. Eine Beschreibung zur Umsetzung ist im Bereich Warum & Wie zu finden.