Infektionen in unterschiedlichen kritischen Infrastrukturen in Deutschland
Der Artikel soll eine Vorstellung geben, wie viele und welche Infektionen möglicherweise mit dem Aufenthalt in bestimmten Infrastrukturen wie Alten- und Pflegeheimen, Arztpraxen, Kindertagesstätten und Schulen zusammenhängen.
Alten- und Pflegeheime
Relativ gute Daten über die Anzahl und Art der Infektionen gibt es für die Alten- und Pflegeheime.
Unter Leitung des European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) werden regelmäßig europaweite Querschnittsuntersuchungen zum Auftreten von Infektionen in Alten- und Pflegeheimen nach einheitlichen Definitionen und Protokollen durchgeführt. Die letzten dazu publizierten Daten liegen für das Jahr 2016 vor [Suetens et al., 2018]. An dieser Studie beteiligten sich 84 deutsche Alten- und Pflegeheime, die am Stichtag insgesamt 6705 Bewohnende behandelten. Etwa die Hälfte der Personen hatte ein Lebensalter von mehr als 85 Jahren. 8,6 % der Bewohnenden hatten einen Harnwegkatheter als wichtigen Risikofaktor für Harnweginfektionen, und 1,3 % hatten eine Operation in den zurückliegenden 30 Tagen. Insgesamt hatten 1,3 % der Bewohnenden mindestens eine Infektion. Tabelle 1 zeigt die häufigsten beobachteten Infektionen bei den Bewohnenden der Alten- und Pflegeheime auf der Basis der gesamteuropäischen Daten.
In der Studie wurde angegeben, dass im Jahr 2016 in Deutschland 10.389 Alten- und Pflegeheime mit 852.849 Heimplätzen existiert haben. Auf dieser Basis wurde hochgerechnet, dass pro Jahr in Deutschland ca. 13.936 Bewohnende an einer Infektion erkranken (Schätzungsintervall 10.000 bis 19.000).
Besonders herausfordernd für Personal und Bewohnende ist es, wenn zur gleichen Zeit bei verschiedenen Bewohnenden und evtl. Mitarbeitenden einer Einrichtung dieselbe Infektion auftritt, auch Ausbruchssituation genannt. Solche Ausbrüche treten in Alten- und Pflegeheimen insbesondere mit bestimmten Durchfall-erzeugenden Viren auf (z. B. Norovirus). Um die Weiterverbreitung zu verhindern, können Maßnahmen wie das Isolieren von infizierten Bewohnenden oder das Bilden von Kohorten exponierter Personen (z. B. Zimmernachbar*innen) erfolgen. Betroffene Mitarbeitende sollten zu Hause bleiben.
Arztpraxen
Es ist kaum möglich abzuschätzen, wie häufig sich Patient*innen während des Besuches in einer Arztpraxis infiziert haben. In der Regel sind die Kontaktzeiten zum Praxispersonal und zu anderen Patient*innen sehr kurz, und gleichzeitig existieren außerhalb der Arztpraxis viele andere Möglichkeiten zum Infektionserwerb. Nur wenn es sich um Infektionen durch sehr spezielle Erreger handelt, die in der Allgemeinbevölkerung kaum auftreten, ist es möglich, Infektionsketten sichtbar zu machen.
Kindertagesstätten und Schulen
Auch für Kindertagesstätten (Kitas) gibt es nur wenige Daten zur Häufigkeit von Infektionen, die mit dem Besuch der Einrichtung zusammenhängen. Zum einen gibt es für die Kinder andere mögliche Infektionsquellen, bspw. in der Familie. Zum anderen gibt es kaum eine systematische, vollständige Erfassung von Infektionsereignissen, weil viele Kinder auch aus anderen Gründen der Kita fernbleiben. Als Anhaltspunkt wurde in einer niedersächsischen Studie in 33 Kitas ermittelt, dass jedes Kind ca. 7 Wochen im Jahr eine akute Atemwegsinfektion hatte [Karow et al., 2021].
In Bezug auf die Schulen gibt es ebenfalls wenig Daten zu Infektionen, die direkt mit dem Aufenthalt in Schulen zusammenhängen.
Auch wenn wenig aussagekräftige Studien vorliegen, die die Häufigkeit des Auftretens von Infektionen im Zusammenhang mit dem Besuch von kritischen Infrastrukturen beschreiben, zeigen die vorliegenden Daten, dass die Bedingungen des Aufenthaltes in den jeweiligen Einrichtungen einen Einfluss auf das Auftreten von Infektionen haben können.