Bauliche Planung und multiresistente Erreger
In den letzten Jahren wurde in der Öffentlichkeit häufig über die Bedrohung durch multiresistente Erreger diskutiert. In diesem Artikel werden zunächst die Begriffe Antibiotika-Resistenz und multiresistente Erreger erklärt. Im Folgenden wird erörtert, in welchen der kritischen Infrastrukturen die multiresistenten Erreger relevant sind und was diesbezüglich bei der baulichen Planung zu berücksichtigen ist.
Resistenzen gegenüber Antibiotika
Antibiotika-Resistenzen werden als eine der großen Herausforderungen für die Menschheit in den kommenden Jahrzehnten angesehen.
Gegen jedes neue Antibiotikum – egal ob ein Naturstoff wie Penicillin oder ein synthetisches Medikament – werden früher oder später Resistenzen beobachtet. Das bedeutet, dass Bakterien mit Resistenz gegenüber einem Antibiotikum die Behandlung damit überleben und dann umso bessere Überlebenschancen im Vergleich zu anderen, nicht resistenten Bakterien haben. Treten bei Erregern Resistenzen gegenüber solchen Antibiotika auf, die typischerweise zu deren Behandlung eingesetzt werden, oder gibt es gar Resistenzen gegenüber mehreren wichtigen Antibiotikagruppen, werden solche Erreger multiresistente Erreger (MRE) genannt. Die Verbreitung von resistenten Erregern oder von MRE kann vor allem durch eine kontrollierte und zurückhaltende Antibiotikaanwendung beeinflusst werden, d. h. Antibiotika nur dann zu verabreichen, wenn medizinisch nötig und nur zeitlich begrenzt. Der andere Weg zur Beeinflussung der Verbreitung der Resistenz ist die Verhinderung der Übertragung von Erregern, die bereits resistent gegenüber wichtigen Antibiotika sind. Die Übertragung erfolgt in der Regel durch direkten Kontakt oder indirekt durch Kontakt mit kontaminierten Instrumenten oder Oberflächen. Durch eine hygienische Händedesinfektion bzw. eine Wischdesinfektion von benutzten Instrumenten oder Oberflächen kann die Übertragung verhindert werden. Abbildung 1 zeigt beispielhaft eine Resistenztestung.
Grampositive und gramnegative Bakterien
Bakterien werden in grampositive und gramnegative Bakterien unterschieden, wobei die Einteilung nach ihrem Färbeverhalten im Labor erfolgt. Die wichtigsten grampositiven Erreger, die Infektionen in Alten- und Pflegeheimen erzeugen, sind Staphylococcos aureus, Pneumokokken und Enterokokken. Staphlococcus aureus ist ein relevanter Erreger von Wundinfektionen und Blutstrominfektionen. Pneumokokken können Atemwegsinfekte und Lungenentzündungen auslösen. Enterokokken sind relevant bei Blutstrominfektionen, Harnweginfektionen und Wundinfektionen. Wichtige gramnegative Infektionserreger sind Escherichia coli, Klebsiellen und Pseudomonas aeroginosa. Diese Bakterien können vor allem Harnweginfektionen, Blutstrominfektionen und Atemwegsinfektionen hervorrufen.
Multiresistente Erreger (MRE)
Alle genannten bakteriellen Erreger können multiresistent sein, d. h. dass eine relevante Anzahl von normalerweise für Infektionen mit diesen Erregern eingesetzten Antibiotika nicht wirksam ist. In den meisten Fällen stehen andere Antibiotikaklassen, sogenannte Reserveantibiotika, zur Verfügung, um Patienten mit MRE zu behandeln. Allerdings kann sich durch zunächst unwirksame Antibiotikagaben die adäquate Therapie verzögern, oder es muss mit mehr Nebenwirkungen gerechnet werden. Es wird davon ausgegangen, dass ca. 10 % aller bakteriellen Infektionen, die im Krankenhaus auftreten, durch MRE hervorgerufen werden. Tabelle 1 gibt eine Übersicht.
Multiresistente Erreger in kritischen Infrastrukturen
Gesunde Kinder, bspw. in Schulen oder Kindertagesstätten, sind äußerst selten mit MRE kolonisiert. Das heißt, bei Abstrichen von ihrer Haut oder Schleimhaut werden fast nie multiresistente Erreger gefunden. Auch Patient*innen, die Arztpraxen für ambulante Behandlungen aufsuchen, bringen sehr selten MRE mit. Sollte das doch der Fall sein (z. B. nach einer längeren Antibiotika-Behandlung oder nach Behandlung in medizinischen Einrichtungen in Ländern mit einem hohen Vorkommen von MRE), sind die Kontakte zwischen den Patient*innen und dem Praxispersonal i.d.R. so wenig intensiv, dass eine Übertragung sehr unwahrscheinlich ist. Übertragungen von MRE von Patient*in zu Patient*in sind bei Einhaltung der Basishygienemaßnahmen in der Arztpraxis eher selten zu befürchten. Bei der baulichen Planung sind in diesen Infrastrukturen demnach keine zusätzlichen hygienischen Aspekte speziell für die Verhinderung der Übertragung von MRE zu beachten.
Anders ist es bei Patient*innen in Krankenhäusern und bei Bewohnenden von Alten- und Pflegeheimen. Wenn Personen Antibiotika erhalten, steigt das Risiko für MRE. Das Übertragungsrisiko in Krankenhäusern und in Alten- und Pflegeheimen wird dann zusätzlich dadurch verstärkt, dass die Personen in diesen Einrichtungen intensive Pflege und somit intensiven Kontakt zum Pflegepersonal benötigen. Auch invasive Methoden der Katheterisierung (z. B. Harnwegkatheter, Gefäßkatheter) erhöhen das Risiko für eine Besiedlung mit MRE. Auf eine geeignete Architektur bzw. Ausstattung ist bei der baulichen Planung dieser Infrastrukturen zu achten (siehe MRE im Alten- und Pflegeheimen).
MRE in Alten- und Pflegeheimen
Da Bewohnende in Alten- und Pflegeheimen in ihrem Zimmer wohnen (und nicht nur vorübergehend wie zu einer spezifischen medizinischen Behandlung in einem Krankenhaus untergebracht sind), ist damit zu rechnen, dass bei Bewohnende mit einem MRE auch in der Umgebung des Zimmers MRE zu finden sind. Deshalb sollte am Eingang bzw. Ausgang des Zimmers ein Desinfektionsmittelspender angebracht sein, damit sich sowohl die Bewohnenden als auch das Heimpersonal u. a. beim Verlassen des Zimmers die Hände desinfizieren können. Es muss allerdings sichergestellt werden, dass beispielsweise demenziell veränderte Bewohnende das Desinfektionsmittel nicht fälschlich trinken können. Darüber hinaus bedeutet ein Besiedlungsstatus mit MRE nicht, dass Bewohnende das Zimmer nicht verlassen dürfen. Entsprechend den spezifischen Bedingungen der Bewohnenden und nach dem Hygieneplan des Heimes kann festgelegt werden, an welchen Aktivitäten die MRE-besiedelten Heimbewohnende teilnehmen können und sollen. Im Gegensatz zum Aufenthalt im Krankenhaus ist ein Alten-/Pflegeheim der dauerhafte Wohnraum der Bewohnenden, sodass bei der baulichen Ausstattung zur Infektionsprävention zwischen dem Schutz der Mitbewohnenden und der individuellen Einschränkung der Bewegungsfreiheit der Bewohnenden differenziert werden sollte. Auch muss bei der Ausstattung abgewogen werden, inwieweit durch entsprechendes Mobiliar Behaglichkeit erzeugt werden kann bzw. im Sinne der Infektionsprävention abwischbare/ wischdesinfizierbare Oberflächen bzw. Böden zu verwenden sind.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass kein relevantes Übertragungsrisiko in Bezug auf multiresistente Erreger in Kindertagesstätten, Schulen und Arztpraxen existiert. In Krankenhäusern und Alten- und Pflegeheimen muss das Thema MRE bei der baulichen Planung und Ausstattung immer mitgedacht werden.