Risikobewertung bei luftgetragenen Erregern
Aufgrund der Komplexität von Raumluftströmungen und ihrer Sensitivität gegenüber den Randbedingungen sind das Ausbreitungsverhalten von luftgetragenen Erregern und die sich örtlich und zeitlich einstellenden Konzentrationen praktisch nicht vorhersagbar. Damit ist auch die an einem speziellen Aufenthaltsort inhalierte Menge an luftgetragenen Erregern (Dosis) sehr variabel. Es kann für spezielle Fragestellungen sinnvoll sein, aufwendige numerische oder experimentelle Methoden in der Praxis anzuwenden. Für eine allgemeine Bewertung von lüftungstechnischen Maßnahmen und zur Dimensionierung von Zu- und Abluftmengen eignet sich jedoch am besten die analytische Methode. Hiermit lässt sich eine im Mittel über den Raum bilanzierte Verringerung der inhalierten Dosis ermitteln.
Aufgrund der Unkenntnis über den durch einen bestimmten Erreger hervorgerufenen personenabhängigen Infektionsprozess (von Erregerproduktion über Aerosolisierung, Sedimentation bis zur Replikation) ist eine quantitative Bewertung eines Infektionsrisikos nicht möglich und nur über Tiermodelle, Beobachtungsstudien und retrospektive Analysen eingrenzbar. Dennoch eignen sich die hier aufgezeigten Bewertungsmethoden, um die Wirksamkeit von lüftungstechnischen Maßnahmen relativ einzuordnen, insbesondere bei der Verwendung von relativen Betrachtungen über z. B. diese Gleichung. Wird beispielsweise eine Raumnutzungssituation mit unterschiedlichen Zu- und Abluftmengen betrachtet, ergibt sich bei einem doppelt so hohen personenbezogenen Zuluftvolumenstrom qPers,2 = 2 x qPers,1 ein halb so großes relatives Risiko (RR).
Die tatsächlich vorhandenen örtlichen und zeitlichen Unterschiede sind dem Ergebnis der analytischen Methode überlagert und könnten bei Bedarf bestimmt werden, oder es kann eine pauschale Abweichung im Rahmen der analytischen Methode angenommen werden.