Ein Mehrwert für alle Nutzenden in Gebäuden
Wir verbringen bis zu 90 % unserer Lebenszeit in Innenräumen. Zeit, die unser Wohlbefinden und unsere Gesundheit beeinflusst. Wie der Bau sich auf unser Wohlbefinden und auch auf das Zusammentreffen zwischen Erregerquelle und Wirt auswirken kann, wird hier beschrieben.
Präventiver, reaktiver und adaptiver gesunder Bau
Bauliche Maßnahmen können die Rahmenbedingungen festlegen, in denen präventiv auf die alltägliche Basishygiene und das Wohlbefinden eingewirkt wird, aber auch reaktiv und adaptiv auf ein wechselndes lokales Infektionsgeschehen oder gar auf eine pandemische Situation reagiert werden kann. Dies umfasst makroskopische Zusammenhänge zwischen Umgebung und Mensch, beispielsweise Materialemissionen, die wir einatmen, die Vermeidung von Biofilmbildung auf Oberflächen, die wir berühren könnten, oder die Luftqualität, aber auch prozessuale Bedingungen, wenn beispielsweise genügend Desinfektionsmittelspender in Krankenhäusern an den sicht- und erreichbaren Stellen positioniert sind, um eine hygienische Pflege sicherzustellen. Eine bewegungsfördernde und grüne Architektur mit Sichtbezügen zu Pflanzen und Bäumen kann ebenfalls ein gesteigertes Wohlbefinden bewirken. Auch können durch baukonstruktive Details Reinigungsprozesse erleichtert werden.
Designentscheidungen der Grundrissstruktur prägen zudem die Interaktionsformen zwischen Personen, können das soziale Erleben intensivieren, aber auch Infektionsübertragungen zwischen Menschen befördern. Wenn ein Grundriss beispielsweise eine Kohortierung von Wohngruppen in Altenheimen erlaubt, kann einfacher auf lokale Ausbruchssituationen reagiert werden. Eine automatische, sensorgesteuerte Lüftungstechnik kann ebenfalls auf einen sich verändernden Kontext adaptiert werden. Die Planung sollte dabei niemals nur bis zum Abschluss des Bauvorhabens gedacht werden, sondern auch den Betrieb und die laufende Instandhaltung bedenken, die das persönliche Engagement der Nutzenden erfordern kann. Somit wirkt sich der Bau auf den Gesundheitsschutz aus und bildet die Rahmenbedingungen für Maßnahmen anderer Disziplinen. Die Architektur vereint wortwörtlich eine Vielzahl gesundheitsschützender Maßnahmen unter einem Dach. Der Ansatz des gesundheitsschützenden Bauens kann in Teilen analog zum Brandschutz gedacht werden. Durch eine präventive, reaktive und adaptive gesundheitsschützende Bauweise kann dann sowohl der Normalbetrieb verbessert als auch ein pandemischer Betrieb flexibel sichergestellt werden.
Keine absolute Sicherheit, aber eine gesundheitsschützende Umgebung
Bei der Entscheidung, welche Maßnahmen und Entwurfsprinzipien umgesetzt werden sollten, muss berücksichtigt werden, dass nicht alle möglichen Maßnahmen den infrastrukturspezifischen Gegebenheiten entsprechend sinnvoll sind. Voraussetzung dafür ist das Wissen, welche möglichen Krankheitserreger und Übertragungswege für welche Funktionsbereiche relevant sind. Dazu bietet der Bereich Hygiene Informationen. Auch muss beachtet werden, dass die Maßnahmen keine absolute Sicherheit vor einer Infektion garantieren, sondern ein Infektionsrisiko nur reduzieren können. Die gesamten Informationen dieser Wissensplattform tragen zum Verständnis und der Umsetzung des baulichen Gesundheitsschutzes bei. Bisher fehlen strukturierte Angaben und Leitfäden zum baulichen Gesundheitsschutz. Daher werden auf PlanGesund Entwurfsprinzipien und Empfehlungen zu deren Umsetzung vorgestellt und spezifische Fragen tiefergehend in Artikeln beantwortet. Eine erfolgreiche Umsetzung des baulichen Gesundheitsschutzes erfordert immer ein interdisziplinäres Denken und Handeln – also den intensiven fachlichen Austausch in allen Leistungsphasen der Planung.